Die „Enthüllung“ des DLV-Präsidenten Dr. Clemens Prokop vor dem Sportausschuss des Bundestages hat bei den Senioren – zu Recht – viel Staub aufgewirbelt. Zwar ist sie „halbherzig“, wie hier an anderer Stelle klar gestellt wird, zurückgeholt worden. Sowohl die Ursprungsmeldung als auch die Klarstellung haben jedoch immensen Schaden angerichtet: Ein öffentlicheres Publikum als die Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann man sicherlich nicht finden; es war also keine „Enthüllung“ so im Vorbeigehen. Der DLV hat rund 900.000 Athletinnen und Athleten. Hiervon gehören rund 45 % dem Seniorenalter an: Das sind also 405.000 Senioren. Hiervon 80 % Gedopte, das sind 324.000! Wer derart viele Senioren dem Pauschalvorwurf des Dopens aussetzt, handelt Seniorensport schädigend. Da hilft auch kein Dementi, zumal wenn jeder merkt, auf welchen Füßen dies steht, nämlich auf tönernen. In den letzten drei Jahren wurden bei Deutschen Meisterschaften – und nur hier werden Senioren national kontrolliert – acht positive Fälle bekannt und die Athleten gesperrt. Davon gehören sechs Athleten der Seniorenklasse an: Dreimal hat es beim DAMM-Endkampf am 11.09.2004 in Lübeck eingeschlagen, also bereits die Hälfte aller positiven Fälle. Einer datiert aus dem Jahr 2003 bei den Senioren-Meisterschaften II in Schweinfurt (02.08.2003), in den Jahren 2005 und 2006 dann jeweils einmal (Senioren II in Vaterstetten am 16.07.05 und Seniorenmehrkampfmeisterschaften in Ahlen am 11.06.06). Die weitere positive Kontrolle im Jahre 2006 war eine internationale bei den Europäischen Seniorenmeisterschaften in Poznan.
Sicherlich sind positive Kontrollen bei den Senioren ein Fingerzeig, der ernst genommen werden muss, der aber auch zeigt, dass es bei den Senioren ernst gemeint wird, mit dem Kampf gegen Doping. Aber aus je einer positiven Kontrolle bei nationalen Meisterschaften im Jahre 2005 und im abgelaufenen Jahr eine charakteristische Tendenz oder gar Dramatik herauslesen zu wollen – und diese auch noch als symptomatisch für den Seniorensport vor dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages zu brandmarken -, ist schlichtweg unverantwortlich, und zwar sowohl mit der ersten Begründung (324.000 Seniorenathleten in einen Sack und drauf geschlagen!) als auch mit der Klarstellung, die genauso unprofessionell und unverantwortlich ist.
Es ist sicherlich erwähnenswert, dass der Kampf gegen Doping im Seniorenbereich thematisiert werden, aber nicht so, nicht destruktiv, falsch und verunglimpfend, sondern konstruktiv! Die Seniorensportler sollten das einfordern. Senioren auf die Barrikaden! Sie haben ein Anrecht darauf, dass sie fair behandelt werden, so wie von ihnen verlangt wird, dass sie sich im Wettkampf fair präsentieren.
B. Hippel
5. Februar 2007 um 10:25 |
Auf diesem Weg der Tipp, dass die Aussagen des DLV-Präsidenten Dr. Clemens Prokop nicht nur nachgelesen werden können (vgl. dazu die Debatte im Best-age-Forum auf http://www.leichtathletik.de) , sie sind auch über DSL und Modem online anzuschauen, weil das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages die Sitzung aufgezeichnet hat. Der Link:
http://www.bundestag.de/live/tv/vod/auss16.html#a05