Hinkommen zur WM? Nun, der erste Teil ist einfach: mit dem Taxi zum Flughafen dauerts 20 Minuten. Der Zubringerflug sind anderthalb. Das könnte man zur Not im Stehen fliegen, also wie bei der Bundesbahn. Dann London-Heathrow- hier ist alles schon richtig international. Ein babylonisches Sprachengewirr. Wir haben bewusst 4 Stunden Zeit eingeplant, als hätten wir im April letzten Jahres an Lufthansa und Streik gedacht und nehmen eine Kleinigkeit zu uns: Wagamama heisst es. Asiatisches, ganz hervorragend und zu kleinen Preisen. Iich bin nicht nur von unseren Flughäfen anderes gewohnt.
Was auffällt: Überall Personal. Ich möchte nicht wissen, zu welchen Stundenlöhnen. Jetzt noch mal Sicherheitscheck, diesmal mit Schuhe ausziehen, also die große Version. Am Eingang stehen zwei Hilfskraefte, die ununterbrochen sagen, dass Security-Check eine schwere Aufgabe ist und dass man dies mit einem Lächeln erleichtern könnte, und tatsächlich: vielen zaubert es zumindest ein Grinsen um die Lippen.
Da wir nicht online die Sitze reserviert haben, sitzen wir in der letzten Reihe, was sich im Nachhinein als Vorteil erweisen wird. Außerdem hätten wir bei einem Absturz des Flugzeuges ein paar Sekunden mehr davon.
Auf dem Weg zur letzten Reihe werde ich stutzig, überwiegend Inder mit Anhang, habe kurz Zweifel, ob ich nicht eventuell im Flieger nach Bombay sitze, werde aber wohl nie erfahren, ob der Maharadscha von Vancouver Geburtstag hat oder warum die alle diesen Flieger bevölkern, insgesamt sind es knapp 500 Passagiere.
Die Lüftung steht auf „gefühltem Blizzard“ und ist vom Sitz aus nicht zu regulieren, na prima. Udo Lippoldes, mein Freund und Gegener und Staffelkamerad, zieht eine Mütze an; ich hänge meine Jacke hinter den Sitz und ziehe mir die Kaputze über den Kopf.
Dann heisst es 9,5 Stunden auf Stumpfsinn zu schalten und möglichst nicht zuviel zu schlafen. Der Zeitunterschied beträgt 9 Stunden. Wir kommen nach unserer biologischen Uhr um 4 Uhr morgens an, haben aber die ganze kanadische Nacht noch vor uns. Ansonsten schaffe ich es in Morpheus Arme schon, bevor der Flieger oben ist.
Das kleine Mediacenter bietet ungeahnte Möglichkeiten, ich beschäftige mich damit, aus den CDs meine persönliche Hitparade zusammenzustellen. Zum Abendessen gibt’s ein piccologrosses Fläschchen Rotwein, danach ein Kurzschlaf, der Körper steht ja noch nicht auf heia-gehen. Unterwegs sehen wir ein paar Mal die Sonne untergehen, erst links, spater rechts und Vancouver Tower holt uns runter. 11 Grad ist nicht das, was man sich unter Olympiastadt vorstellt, aber das ist ja inzwischen hinlänglich bekannt. Im Flieger haben wir das Einreiseformular ausgefüllt und begeben uns mit unseren Koffern zum Einwanderungsbeamten.
Freundlich wie die Kandier von Natur aus oder jetzt zu Olympia sind, fragt er mich, was ich denn in Kanada wolle. Ich sage ihm dass ich zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft will und dort starte. Ah ja, das ist für Masters – sagen die so . Das hört sich übrigens viel besser an als unser „Senioren“, klingt so nach Katarrh und Rollator. Aber Masters ist gut. Ich bin bass erstaunt, wusste vor 4 Jahren in Linz kein einziger Taxifahrer, dass sich einige Tausend rüstige – teils erst baldige – Rentner in der Stadt rumtrieben.
Autoübernahme völlig problemslos und ohne Schlangen, 350 Euro fuer 16 Tage ist gonstig ( wie immer von Deutschland aus ueber www.billiger-mietwagen.de ) gebucht und los geht’s. Der Verkehr hält sich in Grenzen – wahrscheinlich sind schon alle im „Deutschen Haus“ oder einer ähnlichen Einrichtung.
Wir haben uns entschieden, nach dem langen Flug nicht direkt weiter nach Kamloops zu fliegen ( Kosten hoeher als für uns beide der Wagen, ein Nissan mit 2000 km) und fahren nach Langley, was auf dem Weg liegt und ein altes Fort mit Museum usw. hat. Übernachten in Vancouver – unser ursprünglicher Plan – erwies sich als schwierig, von Deutschland aus über die gängigen Hotelreservierer nicht buchbar, Quartiere in den USA usw. wurden vorgeschlagen; über England war das Ramada Inn buchbar fuer 701 Euro die Nacht ( allerdings mit Frühstück ). In Kamloops zahlen wir für das Ramada Inn direkt an der Halle 60 Euro fürs Doppelzimmer; aber da rennen auch nur ein paar Masters, und es ist nicht der heilige Olympia.
In Langley ist es mild und regnet in Strömen. Langley ist nach unseren Begriffen ein Dorf, aber weit verstreut, in unserem Hotel Super 8 liegt keine Reservierung vor, Vielleicht ist es das Super 8 an der Glocester Rd, meint die ferundliche Dame (so ist es auch, hatte in das Navi eingegeben Langley und beim Hotel Super 8 hatte ich keine Zweifel, dass es davon mehr als eins geben könnte) Also gut, fahren wir in einen anderen Teil des Dorfs, 13, 8 km und das ist auch richtig.
Schön abseits, es ist 21: 30 Ortszeit, zu früh zum Schlafen, obwohl es ja nach MEZ 6: 30 ist. Also ein Spaziergang zur nächsten Tanke – sonst ist hier nichts – und ein Sandwich und ein Bier. Daraus wird nichts, freundlich sagte das kleine Mädel immer wieder „Sorry, we haven’t any more“; ich fühle mich an alte DDR-Zeiten erinnert „Hammwanich„, aber das Mädel ist asiatischen Ursprungs und kann wahrscheinlich mit der Abkürzung DDR ohnehin nix anfangen. Von den zahlreichen Sandwiches haben sie nur Chicken und Bier gibts auch nicht. Naja, in Helsinki haben wir auch die Europameisterschaft mit kalter Pizza und grünem Tee feiern müssen, weil alles geschlossen hatte.
Danach zeigt uns Morpheus, wo es lang geht, und wir sind um 23 00 – MEZ 8 00 – im Bett. Um 4 30 – MEZ 12: 20 – ist für mich die Nacht zu Ende, mehr schlaf ich zuhause auch nicht. Und um die gefühlte Mittagszeit sagt die innere Uhr „Kantine gehen“ oder „Steh endlich auf“ . Aber das ist ja auch der Grund, warum wir ein paar tage früher fahren, um dem Jetlag ein Schnippchen zu schlagen. Um 6 30 sind sind wir dann nach einem Händchen Studentenfutter auf dem Laufband und machen ein bisschen Kraft.
Was wird der verletzte Muskel sagen: in den vergangenen 2 Wochen seit der DM täglich 1,5 Stunden beim Physio. Meine Frau fragte mich schon, ob ich wirklich kein Verhaeltnis mit meinem holländischen Wunderheiler habe
Auf den letzten Metern deutscher Meister ( und das noch über 60m, wo ich meine metallischen Chancen niedriger einschätzte als über die 200 und die Hürden )zu werden ist toll, aber sich mit dem letzten Schritt 14 Tage vor der WM zu verletzen, ist es weniger. Nach Ultraschall ist der Riss zu, jetzt darf ich wieder locker laufen und täglich mit zwei Einheiten steigern. Ob es reicht, werd ich sehen. Leider sitzt die Verletzung genau am Übergang der Sehne zum Muskel, wo der geringste Querschnitt ist.
Jetzt muss ich gleich wieder an meinem morschen Muskel arbeiten. Etwas Aquatraining im Pool. Und dann geht’s über das Fort nach Kamloops.
Winfried
(Foto: Kanadische Flagge; W. Brömme, pixelio.de)
Schlagwörter: Hallen-WM, Kamloops, Seniorenleichtathletik, Udo Lippoldes, Winfried Heckner, WMA
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