
Angelika Holder
Angelika Holder
17: 15 ist heute das 60m-Finale, aber vorher muss mein Freund/Zimmergenosse/Gegner und Staffelkamerad Udo noch ran; er hat für die 200 m seine Karte abgegeben und muss jetzt zumindest 5 Meter laufen, dann steht in den Listen dnf ( did not finish ) und er darf weiter starten. Wer unentschuldigt fehlt, ( dns = did not start ) wird für den gesamten Wettbewerb ausgeschlossen und das wäre fatal für die deutsche Staffel.
Da Udo auf Bronzekurs ist, soll er locker laufen und ggf. aussteigen. Da der Favorit Vybostok ihn eingangs der 2. Kurve noch nicht eingeholt hat, laeuft er locker weiter, wird am Ende 9. und kommt nicht ins Finale.
Zurück ins Hotel, ruhen, etwas essen, relaxen und aufs Finale vorbereiten. Diesmal sind wir pünktlich dran.
Vor uns wie immer unsere Altersgenossinnen. Der Starter hat offensichtlich sadistische Züge und lässt die Mädels eine Ewigkeit sitzen, bis 2 zucken und es ein Stand-Up gibt. das wiederholt sich noch mal und dann klappt’s. Auch bei uns dauert es ewig, neben mir zuckt einer, ich dann auch , geh leicht hoch, bloß nicht nach vorn, dann wieder leicht runter, weil ich sonst zu hoch bin und im Prinzip nur aufstehen kann, in diesem Augenblick SCHUSS.
Mist, wieder ein schlechter Start, locker-locker-locker komm ich an den Weltrekordler neben mir langsam ran. Jetzt noch mal volle Lotte – und eventuell Faserriss wie bei der DM vor 16 Tagen – und auf den letzten 15 Metern die Entscheidung erzwingen? Ich ziehe an, komm noch näher und merke, dass mein Muskel zumacht, Druck raus und bloß nicht verletzen, Silber blinkt auch schön und da sind die 60 Meter auch schon zu Ende. Rein in die Gummiwand, noch das offizielle Foto und wieder ab in die Katakomben.
Wow, ich bin Vizeweltmeister, unter den Umständen sind 8,30 super, Vybostok hat 8,17. Ohne Verletzung usw. ist alles Quatsch, hätte, wenn und aber ist alles Dummgelaber, ich hab Silber, Udo holt nach einem Superstart Bronze, Sprinterherz, was willst du mehr ? Wann haben eigentlich unsere U-30 Sprinter bei einer WM mal Metall geholt ? Nach meiner Erinnerung noch nie, ganz zu Beginn der Weltmeisterschaften vor ca. 30 Jahren war wohl mal einer im Endlauf. Hoffentlich hab ich jetzt keinen vergessen.
Massage ist nicht drin, die Siegerehrung findet in einem anderen Gebaeude statt und das ist ein Stückerl entfernt. Zusammen mit Vlady ( Vybostok ), der einen jungen kanadischen Volunteer bei sich, der tschechisch und englisch spricht, machen wir uns auf den Weg und müssen dort reichlich warten. Urkunden gibt es keine und die Medaillen werden überreicht von einem Kanadier in einer Uniform, die so eine Mischung aus englischem Bobby und Parkwaechter ist. Die slowakische Nationalhymne gibt den Fotografen reichlich Gelegenheit zum Knipsen ( wer mal reinhören will, bitte Zeit mitbringen )
Kurz ins „DEUTSCHE HAUS'“, wie wir den DLV-Athletentreff im benachbarten Biergarten umbenannt haben. 1 Bier – das wars. Wir sind beide happy, aber noch mehr müde, jetzt fällt die Spannung ab und wir wollen nur noch nach Hause, duschen, was essen und ins Bett. Richtig realisieren werden wir das alles wohl erst später. Oder morgen.
Morgen ist frei.
Winfried Heckner
(Foto: Marco Kof, pixelio.de)
Hier ist alles ein bisschen anders, nicht nur wegen des Zeitunterschiedes, manches ist sehr locker und deshalb gut, manches wiederum nicht. Vorab: Im Wettkampf kriegt man so gut wie nichts mit von den anderen Disziplinen; es ist alles sehr auseinander gezogen. Im Zweifel hat man von Deutschland aus übers Internet den besseren Überblick. Eben hab ich auf die Homepage geschaut, aber keine RESULTS gefunden – vielleicht bin ich ja auch nur zu blöd
Der Reihe nach: Wenn man erst um 16: 20 laufen muss, kann man in Ruhe frühstücken, sich wieder hinlegen, weil die innere Uhr weiterhin um 3: 00 Ortszeit sagt: 12: 00 in Deutschland, AUFSTEHEN und dann so gegen Mittag ein bisserl Studentenfutter knabbern und sich auf den Weg zur Halle begeben. In welchem Lauf man ist usw., ist allerdings nicht rauszukriegen, Eine Stunde vorher im Callroom wird es bekannt gegeben. Drei Callroomzeiten gibt es für uns, also sollte man höchst vorsorglich zur ersten fertig sein.
Warmmachen geht super, denn draußen sind 15 Grad Celsius und strahlender Sonnenschein, der Callroom ist nur vom Warming-Up-Platz zugänglich, was ja gar nicht so schlecht ist. Auch dort hängen keine Listen, aber beim Aufruf erfährt man wenigstens, in welchem Lauf man ist und auf welcher Bahn.
Der Zeitplan hängt und wir verbliebenen 12 sitzen in den Katakomben und warten. 18 waren gemeldet, davon einer offensichtlich doppelt auf der Liste und der frisch operierte Dieter Tisch ist ja nicht angereist, also 16 hätten es sein können, heißt im Klartext zwei Läufe.
Wie die Weiterkommensregel ist , weiß man natürlich auch nicht, denn es hängen ja keine Listen aus. Auf Befragen erklärt mir der Callroom-Kampfrichter, „3 best and 3 fastest“. Ich hab lieber noch mal nachgefragt, kamen doch auf einmal bei der DM die 8 Zeitschnellsten weiter. Los geht es immer noch nicht, aber wir sind im Innenraum und dürfen uns auf der Gegengeraden warm halten. Nun teilt man uns mit, dass erst noch ein 800m-Lauf im Fünfkampf der Frauen kommt und dann sind wir dran. Naja, locker bleiben, unter die ersten drei müsste ja gehen, bin doch an Nummer 3 gerankt und Nummer 2 ist nicht da.
Meine beiden beinlichen Baustellen haben sich beim Warmmachen nicht bemerkbar gemacht, gleichwohl Sicherheit zuerst. Ich geh deshalb nicht mit vollem Druck aus dem Startblock, bin aber nach 20 Metern vorn und tue , was ich nicht sollte: ich schau mich bei 40 Metern nach beiden Seiten um und nehme einen Gang raus und gewinne locker, wow, nur welche Zeit ? Jemand hat 8,10 verstanden, jemand 8,14, wieder jemand 8,40. Die Zeituhr laueft nicht mit und eine grosse Anzeigetafel gibt es auch nicht.
Egal, die Beine haben gehalten und als Sieger bin ich weiter! Übrigens werden auch die Läufer nicht – wie bei jedem Kirmessportfest üblich – vorgestellt. 8, 40 halt ich für realistisch, denn ich hab ja ganz schön zurück geschaltet. Wie wir später erfahren, hängen die Ergebnisse im Registration Office und das ist ein Stück entfernt.
Egal, Udo Lippoldes ist im anderen Lauf Zweiter geworden und Drittschnellster, Thomas Partzsch hat nach schlechtem Start das Finale als 9. knapp verpasst.
In den Katakomben treffen wir beim Auslaufen unsere Sprinthoffnung in der W 45 Angelika Grissmer; sie hat auch ihren Lauf gewonnen und das wichtigste: ihr Koffer mit Spikes, Trikot etc. ist sogar rechtzeitig eingetroffen – alte Flughasen und -umsteiger sagen: Trikot und Spikes immer ins Handgepäck.
Bevor wir die Halle verlassen – morgen wartet der Weltrekordler Vladimir Vybostok auf uns – kriegen wir noch ein paar Neuigkeiten von anderen Teilnehmern mit. Weitspringer Wolfgang Tuchen – M 70 – war insgesamt 50 Stunden unterwegs, eine andere Gruppe muste von Calgary aus den Greyhound Bus nehmen, der für die Strecke 10 Stunden benötigt.
Duschen, essen, heia, morgen ist Finale: Udo wird vorher noch die 200 m laufen. Ich verzichte, weil die Belastung für den jetzt 15 Tage alten Faserriss zu lange sein könnte, denn so 27 Sekunden brauche ich ungefähr, und ich werde etwas frischer sein, wenn ich die 200 m nicht in den Beinen habe, auch wenn 5 Stunden dazwischen sind.
Morgen werden die Karten neu gemischt und dann gibt’s eine Portion Extra-Adrenalin.
Winfried
(Start; Foto © Michael Berger, pixelio.de)
Jetzt heißt es, die Formalitaten erledigen, also die Registration. Wie immer dauert es danach ewig, bis man wieder raus ist, weil man hier jenen trifft, den man von da her kennt, und dann da jemand anders usw. Um 14 00 trainiere ich dann draußen – Kunstrasen, angenehm weich – geht alles gut, zum Schluss noch ein paar Antritte, 10 , dann 20 und 30 m, gut ist, wer 30 Meter laufen kann, schafft auch 60m. Jetzt ist Ruhe vor dem Sturm bzw. Wettkampf angesagt.
Es ist schon erstaunlich, was unsere WM hier für eine Bedeutung hat. In den Zeitungen vergleicht man sich mit dem großen Vancouver und der Olympiade, aber hat das 20 mal größere Vancouver etwas über 3000 Athleten und hier sind 1400 aus 61 Ländern. In allen Lokalen, in denen wir bisher waren, gibt es Rabatte für die WM-Teilnehmer; es empfiehlt sich also, seinen WM-Ausweis stets um den Hals zu tragen.
Ab Montag wird es ernst, also heut die Gelegenheit nutzen zu einem Halbtags-Ausflug in den Schnee zum eine Autostunde entfernten Sun Peaks. Auf 1200 Meter liegt reichlich Schnee, schließlich gehen die Berge mit den Abfahrten auf über 2000 m. In den wenigen Lokalen ist Bombenstimmung, fuehrt Kanada doch im olympischen Endspiel im Nationalsport Eishockeys gegen den großen Bruder U.S.A. relativ schnell mit 2:0.
Zurück nach Kamloops und zur Jetlaglinderung einen Mittagschlaf vor der offiziellen Eröffnungsfeier. Und die ist super: erst sollte kein Einmarsch der Nationen sein, jetzt doch. Ein farbenpraechtiges Spektakel, wie ich es bei anderen Veranstaltungen nicht einmal annähernd erlebt habe. Die Geschichte des Ortes Kamlooops – angefangen bei den Indianern über die Trapper, Goldwäscher, den Bau der Pacific Railway bis heute – wird von Schauspielern, Tänzern musikalisch untermalt und in teils tollen Kostümen vorgeführt mit unterstützenden Bildern auf der Großleinwand dahinter.
Die Zeit vergeht im Flug und insgesamt dauert es fast zwei Stunden, die offiziellen Reden am Schluss sind erfreulich kurz, dann kommen die Schwüre der Kampfrichter und der Athleten – für Kanada eine der ältesten und erfolgreichsten Seniorensportlerinnen der Welt, Olga Kotenko, und dann kommt der erlösende Satz: I declare these World Masters Athletics Championships open.
Jetzt geht es also los. Übrigens: Mein Krampfschenkel ist nach einer Massage vom DLV-Physio Thorsten Beckemeier deutlich besser, jetzt heisst es, sich auf den Wettkampf zu konzentrieren.
Winfried
(Foto Pacific Railway, © W. Brömme, pixelio.de)
Kanada weint sich meteorologisch weiter aus und wir sind auf direktem Weg nach Kamloops. Alle Kandaier spielen Golf, den Eindruck muss man gewinnen, wenn man aus Langley raus kommt, jede Mange Plätze und Driving Ranches usw usf. Aber langsam kommen wir aus dem Dunstkreis von Vancouver raus und es wird auf der Autobahn gemütlich wie bei uns Sonntags morgens um 4 30. Ganz wenig Betrieb, aber hier fährt alles stur 110.
Langsam geht es höher und es wird weißer. Einmal sehen wir ein Schild 1442 m, aber wir waren schon höher, überall die Warnungen „Ketten anlegen“ und riesige Parkplätze für die Truckers, um das im Falle des Falles hinzukriegen. Britisch Columbia erinnert stark an die Alpen, und es ist wenig stressig: gegen Mittag beschließen wir eine kleine Rast, aber Raststätten sind in Kanada Mangelware: Das leuchtet auch ein, wenn denn kaum einer auf der Autobahn fährt, lohnt sich det ooch nicht.
Dann sehen wir ein Schild REST und fahren ab; denn dort muss ja irgendwo ein Restaurant sein. Bekanntlich bildet lesen und als wir denn nach einigen Kilometern vor einem etwas groß geratenen Pinkelhäuschen stehen, fällt mir wieder ein, dass restroom im englischsprachigen Raum Toiletten heißt. Nix mit aurant hinter dem Rest, was wir hoffnungsvoll dazu gedichtet hatten.
Also weiter bis Merritt. Das Navi sagt, dort gibt es Restaurants. Es ist ein Örtchen, wo John Wayne, um die Ecke kommen könnte und seinen Klepper anbinden und in irgendeinem Holzhäuschen verschwinden könnte – man muss sich nur die Autos wegdenken.
Erstaunlich wieder: im Vorraum der Bank ist eine Dame, die beim Bedienen des Geldautomaten hilft. Auf ihre Frage, ob wir zu den Olympics hier sind, antworten wir, dass wir zur Leichtathletik-WM fahren und sie antwortet: „Ah ja nach Kamloops„. Dasselbe stellen wir dann auch nach Ankunft in Kamloops in unserem Hotel fest, alle haben ein T-Shirt an mit WORLD MASTERS ATHLETICS drauf. Schnell eingecheckt, und Hallenvisite ist angesagt sowie leichtes Training, täglich 2 x und jedes mal ein Schüppchen drauf. 15 Minuten zu Fuß sind es vom Hotel, das hatten wir ja mit Bedacht so ausgewählt. In der Halle sind noch die British Columbia Highschool Meisterschaften, und es ist jede Menge los, aber ich finde noch ein Eckchen und mach mein Aufbauprogramm, am Schluss drei Antritte. Tja geht, morgen mehr.
Was macht der Jetlag ? Vom Loungeroom des Hotels in der dritten Etage hat man einen wunderbaren Ausblick über das Tal von Kamloops, ein großer Fernseher, Eishockey-Halbfinale und ein Steak, doch um 20 00 Ortszeit ( 5 00 MEZ ) fallen mir die Augen zu. Akku leer. Also bin ich wieder um 21 00 Ortszeit im Bett und weiß, dass die Nacht noch lang ist.
Diesmal ist es 3 08 Ortszeit als ich wach werde, geweckt von einem Krampf im rechten Unterschenkel, prima, an dem hatte ich noch nie was. Was jetzt ? Der Muskel ist hart wie ein Knochen. Krämpfe habe ich nie und seit 6 Woche schlucke ich 300 mg Magnesium, um die Speicher zu fuellen. Zum Glück haben wir eine Badewanne, und ich lasse mir Wasser ein. Unter uns wohnt keiner und mein Freund, Gegner und Staffelkamerad Udo ist in einer Tiefschlafphase.
Das heiße Wasser tut gut und gibt Zeit für Gedanken wie „wäre Nording-Walking mit dem Rollator nicht besser furer mich“. Naja: Wer mit einem Oldtimer Rennen fährt. Ich muss halt viel an der Karre rumschrauben, tröste ich mich. Es gibt etwas Linderung und ich bearbeite den Unterschenkel mit dem Reizstromgerät, anschließend noch Brennessel-Chili-Ingwer-Oel zum Einmassieren. Jetzt weiß ich, warum der Wirkstoff des Chili Capsaicin, bei Pferden ohne vorherige medizinische Genehmigung angewendet, als Doping gilt: Es brennt wie Hölle und erinnert mich an starken Sonnenbrand. Aber egal, wenn’s hilft. Ich beschließe, heute einen Mittagschlaf einzulegen, damit ich – eigentlich Sternzeichen Nachteule – ueber 21 00 hinauskomme.
Inzwischen ist es mir auch gelungen, Handyverbindung zu bekommen, nachdem ich die Einstellung auf triband geändert habe, aber telefonieren ist problematisch bei 9 Stunden Zeitunterschied merke ich, als ich von meiner Frau geweckt werde, für die es ja schon später Nachmittag ist. Also immer 9 Stunden drauf oder runter rechnen, dann bleibt nicht viel gemeinsame Kommunikationszeit.
Beim Frühstück treffen wir auf den kompletten DLV-Betreuerstab und planen den Samstag, der „um 11 00 Training und dann Downtown Innenstadt anschauen“ heißt und am Nachmittag nochmal Training – jeweils ein Schueppchen drauf – und Massage für die neue Baustelle Unterschenkel.
Die 200m werden ja leider nicht für mich drin sein; es stimmt ,was mir ein Kanadier bei der WM in Lahti sagte. Dass die Kurven nicht überhöht sind, ist nicht das schlimmste, die Bahnen sind nur 3 statt 4 Fuß breit, also statt 1,23 m halt nur ein Yard. Ich habe in Düsseldorf in der Halle trainiert, innen neben Bahn 1 volle Lotte zu laufen, ich kann’s und mit 1,70 m fliege ich auch nicht so leicht aus der Kurve wie die Freunde des langen Schrittes.
Vielleicht ist das mit dem Nordic -Walking mit Rollator ja doch der bessere Plan. Aber wie heißt mein Motto: ICH GEBE NIEMALS AUF, NICHT MAL MEIN GEPÄCK. Also nicht klagen, jetzt wieder Strom und dann trainieren.
Winfried
(Foto: Oldtimer, Rolf Handke; Uhr, Karin Jung; beide pixelio.de)
Hinkommen zur WM? Nun, der erste Teil ist einfach: mit dem Taxi zum Flughafen dauerts 20 Minuten. Der Zubringerflug sind anderthalb. Das könnte man zur Not im Stehen fliegen, also wie bei der Bundesbahn. Dann London-Heathrow- hier ist alles schon richtig international. Ein babylonisches Sprachengewirr. Wir haben bewusst 4 Stunden Zeit eingeplant, als hätten wir im April letzten Jahres an Lufthansa und Streik gedacht und nehmen eine Kleinigkeit zu uns: Wagamama heisst es. Asiatisches, ganz hervorragend und zu kleinen Preisen. Iich bin nicht nur von unseren Flughäfen anderes gewohnt.
Was auffällt: Überall Personal. Ich möchte nicht wissen, zu welchen Stundenlöhnen. Jetzt noch mal Sicherheitscheck, diesmal mit Schuhe ausziehen, also die große Version. Am Eingang stehen zwei Hilfskraefte, die ununterbrochen sagen, dass Security-Check eine schwere Aufgabe ist und dass man dies mit einem Lächeln erleichtern könnte, und tatsächlich: vielen zaubert es zumindest ein Grinsen um die Lippen.
Da wir nicht online die Sitze reserviert haben, sitzen wir in der letzten Reihe, was sich im Nachhinein als Vorteil erweisen wird. Außerdem hätten wir bei einem Absturz des Flugzeuges ein paar Sekunden mehr davon.
Auf dem Weg zur letzten Reihe werde ich stutzig, überwiegend Inder mit Anhang, habe kurz Zweifel, ob ich nicht eventuell im Flieger nach Bombay sitze, werde aber wohl nie erfahren, ob der Maharadscha von Vancouver Geburtstag hat oder warum die alle diesen Flieger bevölkern, insgesamt sind es knapp 500 Passagiere.
Die Lüftung steht auf „gefühltem Blizzard“ und ist vom Sitz aus nicht zu regulieren, na prima. Udo Lippoldes, mein Freund und Gegener und Staffelkamerad, zieht eine Mütze an; ich hänge meine Jacke hinter den Sitz und ziehe mir die Kaputze über den Kopf.
Dann heisst es 9,5 Stunden auf Stumpfsinn zu schalten und möglichst nicht zuviel zu schlafen. Der Zeitunterschied beträgt 9 Stunden. Wir kommen nach unserer biologischen Uhr um 4 Uhr morgens an, haben aber die ganze kanadische Nacht noch vor uns. Ansonsten schaffe ich es in Morpheus Arme schon, bevor der Flieger oben ist.
Das kleine Mediacenter bietet ungeahnte Möglichkeiten, ich beschäftige mich damit, aus den CDs meine persönliche Hitparade zusammenzustellen. Zum Abendessen gibt’s ein piccologrosses Fläschchen Rotwein, danach ein Kurzschlaf, der Körper steht ja noch nicht auf heia-gehen. Unterwegs sehen wir ein paar Mal die Sonne untergehen, erst links, spater rechts und Vancouver Tower holt uns runter. 11 Grad ist nicht das, was man sich unter Olympiastadt vorstellt, aber das ist ja inzwischen hinlänglich bekannt. Im Flieger haben wir das Einreiseformular ausgefüllt und begeben uns mit unseren Koffern zum Einwanderungsbeamten.
Freundlich wie die Kandier von Natur aus oder jetzt zu Olympia sind, fragt er mich, was ich denn in Kanada wolle. Ich sage ihm dass ich zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft will und dort starte. Ah ja, das ist für Masters – sagen die so . Das hört sich übrigens viel besser an als unser „Senioren“, klingt so nach Katarrh und Rollator. Aber Masters ist gut. Ich bin bass erstaunt, wusste vor 4 Jahren in Linz kein einziger Taxifahrer, dass sich einige Tausend rüstige – teils erst baldige – Rentner in der Stadt rumtrieben.
Autoübernahme völlig problemslos und ohne Schlangen, 350 Euro fuer 16 Tage ist gonstig ( wie immer von Deutschland aus ueber www.billiger-mietwagen.de ) gebucht und los geht’s. Der Verkehr hält sich in Grenzen – wahrscheinlich sind schon alle im „Deutschen Haus“ oder einer ähnlichen Einrichtung.
Wir haben uns entschieden, nach dem langen Flug nicht direkt weiter nach Kamloops zu fliegen ( Kosten hoeher als für uns beide der Wagen, ein Nissan mit 2000 km) und fahren nach Langley, was auf dem Weg liegt und ein altes Fort mit Museum usw. hat. Übernachten in Vancouver – unser ursprünglicher Plan – erwies sich als schwierig, von Deutschland aus über die gängigen Hotelreservierer nicht buchbar, Quartiere in den USA usw. wurden vorgeschlagen; über England war das Ramada Inn buchbar fuer 701 Euro die Nacht ( allerdings mit Frühstück ). In Kamloops zahlen wir für das Ramada Inn direkt an der Halle 60 Euro fürs Doppelzimmer; aber da rennen auch nur ein paar Masters, und es ist nicht der heilige Olympia.
In Langley ist es mild und regnet in Strömen. Langley ist nach unseren Begriffen ein Dorf, aber weit verstreut, in unserem Hotel Super 8 liegt keine Reservierung vor, Vielleicht ist es das Super 8 an der Glocester Rd, meint die ferundliche Dame (so ist es auch, hatte in das Navi eingegeben Langley und beim Hotel Super 8 hatte ich keine Zweifel, dass es davon mehr als eins geben könnte) Also gut, fahren wir in einen anderen Teil des Dorfs, 13, 8 km und das ist auch richtig.
Schön abseits, es ist 21: 30 Ortszeit, zu früh zum Schlafen, obwohl es ja nach MEZ 6: 30 ist. Also ein Spaziergang zur nächsten Tanke – sonst ist hier nichts – und ein Sandwich und ein Bier. Daraus wird nichts, freundlich sagte das kleine Mädel immer wieder „Sorry, we haven’t any more“; ich fühle mich an alte DDR-Zeiten erinnert „Hammwanich„, aber das Mädel ist asiatischen Ursprungs und kann wahrscheinlich mit der Abkürzung DDR ohnehin nix anfangen. Von den zahlreichen Sandwiches haben sie nur Chicken und Bier gibts auch nicht. Naja, in Helsinki haben wir auch die Europameisterschaft mit kalter Pizza und grünem Tee feiern müssen, weil alles geschlossen hatte.
Danach zeigt uns Morpheus, wo es lang geht, und wir sind um 23 00 – MEZ 8 00 – im Bett. Um 4 30 – MEZ 12: 20 – ist für mich die Nacht zu Ende, mehr schlaf ich zuhause auch nicht. Und um die gefühlte Mittagszeit sagt die innere Uhr „Kantine gehen“ oder „Steh endlich auf“ . Aber das ist ja auch der Grund, warum wir ein paar tage früher fahren, um dem Jetlag ein Schnippchen zu schlagen. Um 6 30 sind sind wir dann nach einem Händchen Studentenfutter auf dem Laufband und machen ein bisschen Kraft.
Was wird der verletzte Muskel sagen: in den vergangenen 2 Wochen seit der DM täglich 1,5 Stunden beim Physio. Meine Frau fragte mich schon, ob ich wirklich kein Verhaeltnis mit meinem holländischen Wunderheiler habe
Auf den letzten Metern deutscher Meister ( und das noch über 60m, wo ich meine metallischen Chancen niedriger einschätzte als über die 200 und die Hürden )zu werden ist toll, aber sich mit dem letzten Schritt 14 Tage vor der WM zu verletzen, ist es weniger. Nach Ultraschall ist der Riss zu, jetzt darf ich wieder locker laufen und täglich mit zwei Einheiten steigern. Ob es reicht, werd ich sehen. Leider sitzt die Verletzung genau am Übergang der Sehne zum Muskel, wo der geringste Querschnitt ist.
Jetzt muss ich gleich wieder an meinem morschen Muskel arbeiten. Etwas Aquatraining im Pool. Und dann geht’s über das Fort nach Kamloops.
Winfried
(Foto: Kanadische Flagge; W. Brömme, pixelio.de)
Kamloops, wo liegt denn det ? fragte ich mich, als ich zum ersten Mal mitkriegte, daß die nächste Hallen-WM für betagtere Leichtathleten dort stattfand.
Wie heute üblich – WIKIPEDIA klärte mich auf.
Westkanada, zwischen Vancouver und Calgary ( grob ), egal ich fahr hin und lauf zur Not auch unter Tage, bin ich doch dann grade 14 Tage in neuer Altersklasse und muß mich dann nicht mehr mit den „Halbstarken“ in der M 55 rumärgern. Der frühe Vogel fängt den Wurm ( auch wenn die zweite Maus den Speck kriegt ! ), also frühzeitig die Flüge gebucht ( es sind dann noch die internationalen Meisterschaften der bayrischen Wilddiebe – neudeutsch: Biathlon ) u. a., im Klartext Winterolympiade. Die Flüge sind günstiger als erwartet, etwas mehr als 600 Euro für einen Flug über den grossen Teich bis an den Pazifik ( 9 Stunden Zeitunterschied ) finde ich akzeptabel; die Hotelpreise sind in Kanada deutlich günstiger als ich in Lahti oder in Ljubljana zahlen mußte. Auch 350 Euro für einen Pkw für 15 Tage ist im internationalen Vergleich ausgesprochen günstig.
Also, Kanada, ick komme.
Winfried Heckner
Im März 2010 -das ist tatsächlich schon im nächsten Jahr- finden nach Sindelfingen, Linz und Clermont Ferrand die 4. Hallenweltmeisterschaften der Seniorenleichtathleten im kanadischen Kamloops statt. Die Veranstalter präsentieren jetzt ihre Internetseite und greifen für die Übersetzung auf die Computer von Google zurück – mit zum Teil wunderbaren Resultaten. Zwei herrliche Beispiele:
Zum Großen und Ganzen des Projekts heißt es klar und eindeutig:
„…Leichtathletik-Disziplinen gehören alle gängigen Stadion Veranstaltungen (Laufen, Springen, Werfen und Rennen zu Fuss) sowie nicht-Stadion Veranstaltungen (Marathon, Halbmarathon, Cross Country-Rennen und die Straße Rennen zu Fuss)…“
Und Monty Hacker, amtierender (engl.: „acting“) Präsident des Weltverbandes WMA, unterschreibt sein übersetztes Grußwort mit
„Monty HACKER
WMA-Präsident (Schauspiel)“
Schöner, besser und realer is‘ nich‘ – oder?
Die 3. Hallenweltmeisterschaften der Seniorenleichathleten in Clermont-Ferrand sind zu Ende. Nicht nur für mich ganz persönlich lagen im Stadium Jean Pellez Licht und Schatten beieinander. Insgesamt fand ich diese WM nicht so toll. In Sindelfingen und in Linz war es emotionaler, in Sindelfingen zudem perfekt organisiert. Es interessiert mich sehr, wie Ihr diese WM empfunden habt. Was war gelungen, was nicht?
Einzelne Ergebnisse lassen mich ärgerlich auch an der Lauterkeit der Athleten zweifeln, die sie erzielt haben. Das wird aber erst anders werden, wenn auch bei Seniorenathleten Dopingkontrollen im Training möglich sind und auch stattfinden.
Leichtathleten wissen, dass die reiche Freie und Hansestadt Hamburg bis zum Jahr 2006 brauchte, um für ihre Sportler eine Leichtathletikhalle zu bauen. Der Schönheitsfehler: Es gibt keine Tribünen, von denen aus die Wettkämpfe beobachtet werden können. Es können lediglich ein paar ganz kleine Behelfstribünen aufgebaut werden, die das Problem aber nicht lösen. Größere Meisterschaften wird es also in Hamburg nicht geben können. Allerdings hat Hamburg eine Top-Rundbahn.